Recht auf Sparen und gleiches Einkommen auch für Menschen mit Behinderungen #2600

Die Überschrift klingt so absurd, dass es fast nicht zu glauben ist. Und doch ist es wahr. Menschen mit Behinderungen, die wegen der Behinderung Anspruch auf Hilfe vom deutschen Staat haben, dürfen auf Ihrem Konto nicht mehr als 2600 Euro haben. Der Überschuss wird vom Staat eingezogen. Dies bedeutet auch, dass ein Gehalt, das die 2600 Euro übersteigt, entsprechend vom Staat einkassiert wird. Monatlich. Am besten ist diese Groteske unseres vorgeblichen Sozialstaates in dem Satz zusammengefasst: „Sie haben mehr als 2.600 Euro auf Ihrem Konto. Das ist verboten, weil Sie schwerstbehindert sind. IHR STAAT.

Für mehr Information und zum Unterschreiben der Petition von Constantin Grosch auf change.org für ein Recht auf Sparen und gleiches Einkommen auch für Menschen mit Behinderungen #2600:
change.org

Petition zum Stopp der Diskriminierung Schwerstbehinderter

Constantin Grosch, selbst schwerstbehindert und deshalb von der skandalösen Regelung betroffen, hat eine Petition auf change.org gestartet, um auf diesem Umstand aufmerksam zu machen. Und das Recht auf Sparen auch für Schwerstbehinderte einzufordern. Bisher sind über 50.000 Unterschriften zusammengekommen, die Medien haben begonnen, darüber zu berichten. Aber das ist noch zu wenig. Diese eklatante Beschneidung von persönlicher Lebensgestaltung muss vom Tisch, vom politischen, gesetzlichen Tisch. Gerade Schwerstbehinderte, die in ihrem Leben in dieser Welt schon genügend Einschränkungen erfahren, müssen grundlegende Rechte zugestanden bekommen.

Der Staat verbietet Schwerstbehinderten Geld zu sparen

Hier der Originaltext von change.org

„Wie viel Geld darf ich sparen?“ Diese Frage werden sich wohl die wenigsten Menschen bisher gestellt haben. Warum auch?

Für Menschen mit Behinderungen ist das anders. Wer trotz Behinderung erfolgreich einer Arbeit nachgeht und gar beruflich Karriere machen möchte, hat in Deutschland dazu eigentlich keinen Grund. Die Anstrengungen, die eine höher qualifizierte Berufsausbildung und Erwerbsarbeit mit sich bringen, zahlen sich selbst dann nicht aus, wenn der Karriereerfolg sich tatsächlich einstellt.

In Deutschland werden voll berufstätige Menschen ohne eigenes Verschulden daran gehindert, zu sparen. Wir dürfen nicht mehr als 2.600 Euro auf dem Konto haben! Danach wird alles abkassiert.

Schwerstbehindert – keine Altersvorsorge, keine Rücklagen für Reparaturen und Notfälle, kein Autokauf, keine Erbschaft

Anlegen einer Altersvorsorge? Unmöglich.

Rücklagen für  Reparaturen, Ausfälle und Notfälle bilden? Nicht erlaubt.

Geld für einen Autokauf ansparen? Fehlanzeige.

Eine Erbschaft annehmen? Wozu?

Die große Liebe heiraten? Besser nicht.

Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung auf intensive Unterstützung durch z.B. persönliche Assistenz angewiesen sind, werden dadurch arm gehalten. Ein weitestgehend “normales” Leben und gesellschaftliche Teilhabe wird so unterbunden. Aber wie sieht das finanziell denn aus?

Da die Inanspruchnahme einer persönlichen Assistenz, ohne die die meisten Menschen mit Behinderung nicht (über-)leben könnten, unter die Sozialhilfe fällt, gelten für diese auch die entsprechenden Regelungen.

Der Staat kassiert einen Großteil des Gehaltes

Behinderte zahlen die üblichen Steuern und Abgaben. Darüber hinaus zieht der Staat aber bis zu 40% des Einkommens zusätzlich ab. Sollte man trotzdem noch Geld sparen können, ist dies nicht gestattet. Mehr als 2.600 € darf ein Mensch mit Behinderungen, der auf intensive Hilfe angewiesen ist, nicht besitzen. Diese beiden Bestimmungen gelten auch für Ehepartner.

Was bedeutet dies für die Praxis?

Sollte ein Mensch mit Behinderungen trotz seiner Situation in der Arbeitswelt Fuß fassen, kann er kein Vermögen aufbauen. Um überhaupt etwas von seiner ehrlichen Erwerbsarbeit zu haben, bleibt ihm eigentlich nur eine Möglichkeit: Sämtliches Geld, welches er nach dem Abzug von bis zu 40 % seines Einkommens noch zur Verfügung hat, sofort auszugeben. Andernfalls wird es spätestens bei der Vermögensbildung abgezogen.

In Deutschland ist das Menschenrecht auf selbstbestimmtes Leben abhängig von der eigenen Wirtschaftsleistung. Dass es auch anders geht, zeigt beispielsweise Schweden: Dort erfolgt die Hilfe für Menschen mit Behinderungen einkommens- und vermögensunabhängig. Einfach, weil sie ohne die Hilfe nicht leben könnten.

2013 ist das Jahr der Inklusion, also der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft. Sorgen wir dafür, dass dieses Jahr nicht nur ein Jahr der Worte wird – sondern der echten Veränderung -> unterschreiben Sie meine Petition!

Ich möchte, dass die zuständige Ministerin, Frau Dr. Ursula von der Leyen sich zu diesem Thema äußert. Ich wünsche mir, dass Frau von der Leyen noch vor der Bundestagswahl ankündigt, dass sie dieses Problem im Rahmen eines 100-Tage-Programms nach der Wahl angehen wird.

Sobald ich 50.000 Unterschriften habe, werde ich die Petition zudem an die zuständigen Politker und Ausschüsse im Deutschen Bundestag überreichen und noch vor der Wahl eine Lösung fordern!

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Weitere Infoquellen zu diesem Thema:

[1] Gesetz zur Sozialen Teilhabe – Änderung des SGB IX und anderer Gesetze

Entwurf des Forum behinderter Juristinnen und Juristen www.forsea.de

[2] Artikel zur Vorstellung des Gesetzesentwurfes www.kobinet-nachrichten.org

[3] Reales Beispiel in einem Beitrag des ZDF www.zdf.de/ZDFmediathek/

[4] Blogbeitrag auf Aktion Mensch www.aktion-mensch.de

[5] Liebe macht Arm www.kobinet-nachrichten.org

[6] Seit 2008 ist die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft: www.un.org

„Artikel 27: […] Die Vertragsstaaten sichern und fördern die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit, einschließlich für Menschen, die während der Beschäftigung eine Behinderung erwerben, durch geeignete Schritte, einschließlich des Erlasses von Rechtsvorschriften, um unter anderem […]

b) das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, einschließlich Chancengleichheit und gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit, auf sichere und gesunde Arbeitsbedingungen, einschließlich Schutz vor Belästigungen, und auf Abhilfe bei Missständen zu schützen;“

„Artikel 28 Abs. 1: Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf einen angemessenen Lebensstandard für sich selbst und ihre Familien, einschließlich angemessener Ernährung, Bekleidung und Wohnung, sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen und unternehmen geeignete Schritte zum Schutz und zur Förderung der Verwirklichung dieses Rechts ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung.“

Bild: CC-BY-NC-2.0 von Herrner www.flickr.com

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Häufige Fragen:

Warum bezahlen Menschen mit Behinderung beispielsweise die persönliche Assistenz nicht selber? Sie würden dann doch auch nicht unter diese Regelung fallen.

Menschen mit Behinderungen sind häufig 24h am Tag auf Hilfe angewiesen. Eine persönliche Assistenz ist dementsprechend teuer. Einen Monat Assistenz kosten so schnell über 6.000 – 7.000 € und je nach Qualifikation und benötigter Hilfe deutlich mehr.

Ein Mensch mit Behinderungen verursacht mehr Kosten, warum soll er deswegen nicht auch mehr zahlen?

Grundsätzlich gibt es in Deutschland immer eine Grundabsicherung, die von allen getragen und finanziert wird. So zahlt jeder Krankenkassenbeiträge, unabhängig davon, ob er krank ist oder nicht. Auch zahlt man in die Arbeitslosenversicherung ein, unabhängig davon, ob man jemals arbeitslos sein wird oder nicht.

Warum soll dies ausgerechnet bei Menschen mit Behinderungen nicht gelten, die zudem meist unverschuldet in dieser Situation sind? Auch sie zahlen wie alle anderen auch Steuern und Sozialabgaben.

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Für diejenigen, die aufgrund ihrer Behinderung oder anderen Gründen nicht online unterschreiben können, hat Georg Niedermeier auf seiner Webseite eine Liste zum Ausdrucken bereitgestellt: www.sadbatu.de

Für mehr Information und zum Unterschreiben der Petition von Constantin Grosch auf change.org für ein Recht auf Sparen Recht auf Sparen und gleiches Einkommen auch für Menschen mit Behinderungen #2600:
change.org

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