Schavan, Doktorarbeit, Plagiat und die Wahrheit

Wie immer das Wichtigste zuerst: die Quelle zum Thema Schavan, Doktorarbeit, Plagiat und die Wahrheit

Die Plagiatstellen – das Original der Doktorarbeit und die Originale der Sekundärliteratur im direkten Vergleich

http://schavanplag.wordpress.com/2012/04/18/seite-75-2/

Schavan und die Doktorarbeit: Was hat sie konkret getan?

In der Presse wird zum Großteil berichtet, dass sie falsch zitiert habe. Das klingt dann meist direkt oder indirekt so, als ob sie die Anführungszeichen vergessen hätte. Sogar wenn es so wäre, ob aus Faulheit, Ingoranz gegenüber den Regeln und den Rechten anderer oder aus Berechnung – es wäre unzulässig.

Aber um diesen Fall handelt es sich nicht. Es handelt sich ganz konkret darum, dass sie kürzere und längere Textpassagen ungenannt übernommen hat. Konkret bedeutet dies, dass sie die Idee der Quelle genommen hat und die original Textpassagen durch Umstellen von Satzteilen und Absätzen so verändert hat, dass sie keine Direktzitate mehr sind. Dies zeigt eindeutig eine Täuschungsabsicht. Dies kann nicht aus Versehen passiert sein, sondern funktioniert nur als bewusste Tat.

Der Kern der Doktorarbeit: die eigene Idee

Bei einer Doktorarbeit ist ein entscheidender Punkt, dass sie aufgrund wissenschaftlicher Arbeit – dazu gehört auch Lesen und Anführen von Sekundärliteratur – eine eigene Idee entwickelt. Und genau das hat Schavan gestohlen: sie hat die Ideen von anderen genommen und sie als ihre ausgegeben.

Sogar wenn die bewusste Täuschung nicht vorliegen würde, wäre ihre Arbeit damit keine Doktorarbeit, denn der Kern der eigenen Idee fehlt. Es wäre eine Arbeit auf der Ebene eines fleissigen wenn auch eher inspirationsarmen Aufsatzes aus der Schule oder einer Hausarbeit aus dem Studium, ebenso fleissig und inspirationsarm. Damit würde sie auf der Ebene bestehen, hätte aber auch hier nicht die beste Note.

Was ist eine Doktorarbeit? Wissenschaftliche Arbeit. Nicht Stehlen und Betrügen.

Wenn wir nun auf dieser Ebene bleiben: hätte sie den Aufsatz in der Schule in mehr oder weniger großen Teilen heimlich von ihrer Mitschülerin abgeschrieben und dabei Satzteile und Abschnitte umgestellt, so dass es nicht auffällt, würde auch das zu einem Nicht-Bestehen, einer 6 führen.

Sie hat also einen Hauptpunkt der unabdingbar ist für eine Doktorabeit, die eigenen Ideen, nicht oder unzulänglich erfüllt und zusätzlich getäuscht. Dass auf dieser Grundlage die Universität ihr den Doktortitel aberkennt ist nur folgerichtig.

Die Konsequenz der Frau Schavan – der gerichtliche Weg. Oder: Die Konsequenz der Frau Schavan – fehlendes Verantwortungsbewusstsein, fehlende ethische Massstäbe, Einfordern von Lohn ihrer Täuschung

Frau Schavan hat sich geäussert, das Thema von Doktortitel, Plagiatsvorwurf und Aberkennung nun vor Gericht tragen zu wollen. Wie sich die Sachlage juristisch darstellt, kann ich nicht sagen, dazu fehlt mir die Sachkenntnis.

Vielleicht ist es möglich, gegen die Aberkennung erfolgreich vorzugehen, weil beispielsweise die Zeitspanne nicht berücksichtigt wurde. Vielleicht kann nach einer gewissen Zeit der Doktortitel nicht mehr aberkannt werden. Oder es besteht ein anderer Grund, weshalb das Gericht ihr ein Recht auf den Doktortitel zugestehen muss.

Aber selbst wenn dies der Fall wäre, zeigt es nur einmal mehr die Geisteshaltung und das völlige Fehlen von Integrität und ethischem Anspruch von Frau Schavan. Nicht alles, was nach gültigem Recht als Recht gesprochen wird, ist auch vereinbar mit Ethik, Verantwortung und Vertrauenswürdigkeit. Das Einfordern ihres unrechtmäßig erworbenen Doktortitels zeugt nur von vollständig fehlender Einsicht, einem verdrehten Rechtsverständnis und ebenso nichtexistenten Ethikverständnis.

Fehlendes Unrechtsbewusstsein, fehlendes politisches Gespür

Und es gibt immer noch einen weiteren Punkt obendrauf: Frau Schavan war eine derjenigen, die bei der Aufdeckung von Guttenberg besonders scharfe Maßstäbe anlegte und es besonders stark verurteilte.

Psychologisch ist dies typisch, dass sich Menschen, die einer Sache schuldig sind, solange sie nicht in Verdacht stehen sich entweder besonders ins Recht setzen und die Beschuldigten besonders herabwürdigen. Oder sie spielen den Tatbestand herunter zu einer Bagatelle. Aber sie sind auf keinen Fall zu einer differenzierten und verantwortungsbewussten Betrachtung bereit.

Es ist noch nicht einmal so, dass es ihr nur an feinsinnigstem politischen Gespür fehlte oder dass sie gerade eine schwache Minute hatte. Wie auch bei ihrer Doktorarbeit geschieht dies bewusst und vorsätzlich. Dies ist ein Zeichen von tatsächlich fehlendem Unrechtsbewusstsein auf der Basis eines besonders mangelhaften ethischen Empfindens. Sie lässt es massiv an verantwortungsvollem und politisch wertvollem Denken, Fühlen und Handeln vermissen.

Ein Vergleichsbeispiel von Rechtsempfinden, Verantwortung und Konsequenz

Damit hat sie nun mehrfach und ausdrücklich bewiesen, was ihre Werte sind und was nicht. Auch wenn es thematisch um eine ganz andere Sache ging.

Hier zum Vergleich das Verhalten Horst Köhlers. Horst Köhler ist nicht nur wegen seiner Äusserung zu Afghanistan zurückgetreten. Er hat zudem auf die Weiterzahlung seines Geldes als Bundespräsident (Ehrensold) vollständig verzichtet. Ob die Bemerkung von Horst Köhler glücklich war, verantwortungsbewusst oder nicht, darüber liesse sich streiten. Sie war auf jeden Fall keine bewusste Täuschung, sie war einfach nur seine Meinungsäusserung und politisch unglücklich an diesem Ort und zu dieser Zeit. Abgesehen vom Rücktritt hat er ausserdem von sich aus auf den Ehrensold verzichtet, der ihm ganz legitim zustand.

Meist wird Guttenberg als Vergleich herangezogen, das ist aber etwas zu einfach. Und vor allem daraus eine Legitimierung für alles abzuleiten, das weniger Täuschung beinhaltet als Guttenberg, ist bei weitem zu oberflächlich. Das ist etwa wie ein Vergleich zwischen einer Person, die 10 Millionen Euro gestohlen hat und eine andere drei Millionen. Hier ist aber in beiden Fällen die Grenze überschritten und die bloße Frage nach Quantität hilft weder bei der inhaltlichen Klärung der Frage noch bei der nach der Konsequenz.

Ethisches Handeln als Basis für Vertrauen in der Gesellschaft

Ein Aspekt, weshalb es so wichtig ist, eine Grenze zu ziehen bei dieser Doktorarbeit und weshalb es so verheerend ist, wie Frau Schavan sich verhalten halt und immer weiter verhält, ist ihr Anteil als Politikerin an unserer Gesellschaft.

Für eine offene, demokratische und auf Menschenrechten basierende Gesellschaft ist es überaus wichtig, dass ein gewisses Maß an Integrität, Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit vorherrrscht. Bei aller Menschlichkeit und menschlichen Schwächen und Fehlern ist es fundamental, dass die Bürgerinnen und Bürger sich gegenseitig aber auch in der Politik darauf verlassen können. Und bei allen Abstrichen, die es hier in der Realität zu machen gilt, gibt es eine Grenze. Nach Überschreiten der Grenze wird zunehmend Vertrauen zerstört. Gerade Politikerinnen und Politiker haben hier eine Vorbildfunktion. Und sie vertreten das Volk, nach innen und nach aussen.

Wenn hier eine Willkür Einzug hält, die vor nichts mehr halt macht, wird dies auch die Gesellschaft prägen. Dann werden sich auch hier zunehmend Menschen egoistisch und willkürlich verhalten. Es ist keine freie Gesellschaft möglich in einem Land, in dem Teile der öffentlichen Apparates von Behörden einschliesslich der Polizei, eigenmächtig das Recht beugen und dafür nicht einmal ein Unrechtsbewusstsein besitzen.

Deshalb ist es so wichtig, dass Annette Schavan nun zurücktritt oder zum Rücktritt aufgefordert wird. Sie kann mit diesem extrem mangelhaften Unrechtsbewusstsein nicht mehr in einer verantwortlichen Position sein. Die Politikerinnen und Politiker sind nicht nur von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt, sondern auch von ihnen bezahlt für eine festgelegte Arbeit.

Wenn sie uns, ihre  Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber anlügen und mit gefälschten Unterlagen ihre Position erschlichen haben, können sie nicht länger auf dieser Arbeitsstelle bleiben. Und wenn sie das selbst nicht einsehen, müssen die anderen, allen voran die Bundeskanzlerin, ihnen sagen, dass sie die Grenze überschritten haben und gehen müssen.

Hier der Link zum Thema Schavan, Doktorarbeit, Plagiat und die Wahrheit:
Die Plagiatstellen – das Original der Doktorarbeit und die Originale der Sekundärliteratur im direkten Vergleich

http://schavanplag.wordpress.com/2012/04/18/seite-75-2/


1 Kommentar

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26. Februar 2013 um 22:34

Hallo!

Ich finde es völlig richtig das einem im Falle eines Plagiats der Doktortitel entzogen wird. Man sollte sich allerdings schon mal fragen, ob die Doktorväter nicht auch mitverantwortlich sind… Habe hierzu einen interessanten Artikel gelesen: http://www.myheimat.de/hannover-gross-buchholz/gedanken/doktor-bschrottl-d2489145.html

Grüße,
Doro

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