Familienaufstellung und Beziehungsprobleme – ein Beispiel
Beziehungsprobleme besonders geignet für Beziehungsprobleme
Beziehungsprobleme sind der klassische Fall für die Methode Familienaufstellung. Die Methode Familienaufstellung – auch Familienstellen, Systemisches Stellen, Aufstellungsarbeit oder Systemische Arbeit genannt – ist aus der Idee entstanden, dass ein einzelner Teil immer Teil einer größeren Struktur ist. Diese größere Struktur hat nicht nur Einfluss auf den einzelnen Teil, sondern ebenso umgekehrt: der einzelne Teil hat Einfluss auf das Ganze.
Der einzelne Teil und das Ganze
In diesem Kontext werden beispielsweise Menschen als Teil des Systems gesehen und die Familie als Ganzes. Genauso kann es ein Dorf, ein Staat, eine Firma, eine Gruppe das Ganze sein. Oder die Teile können innere Anteile des Menschen sein und das Ganze der Mensch.
Beispiel Familienafustellung: Nicole und die unerfüllte Liebe
Nicole kam mit dem Problem, dass es eine Person gab, mit der sie gern eine Beziehung hätte, aber sie sich nicht sicher war, was eigentlich zwischen ihnen beiden genau ist und vielleicht sein könnte. Erschwerend kam hinzu, dass die Person, für die Nicole sich interessierte, bereits in einer festen Beziehung war. Die Person, für die Nicole sich interessierte, heisst Candi und deren Freundin heisst Leila.
Beginn der Familienaufstellung: Nicole und Candi als Stellvertreterinnen
In der Aufstellung wählte Nicole Stellvertretende für sich selbst und für Candi. Dass der Stellvertreter für Candi ein Mann war, stellte kein Problem dar. In der Familienaufstellung, die zunächst aus diesen beiden Personen bestand: Stellvertreterin für Nicole, Stellvertreter für Candi, zeigt sich, dass beide einfach nur so dastanden. Jede wartete auf eine Aktion von seiten der anderen. Jede war abwartend, wohlwollend abwartend, aber abwartend. Es passierte nichts. Nicole (die Aufstellende) sagte, dass dies auch der tatsächlichen Situation entspräche: dass beide einfach nur abwarteten und nichts sagten oder taten.
Der Beginn der Klärung
Ich als Aufstellerin – die die Aufstellung leitet – fragte Nicole, was sie sich wünschen würde. Nicole antwortete, dass sie sich eine Klärung der Situation wünsche. Daraufhin fragte die Aufstellerin Nicole, was sie dafür vorschlagen würde. Es wurde klar, dass Nicole selbst die Inititative ergreifen musste, wenn sich etwas ändern sollte.
Es war eine große Überwindung für sie, aber sie sagte Candi, dass sie gern mit ihr zusammen wäre und dass sie gern wissen würde, ob sie, Candi, das auch so empfinden würde. Es wurde klar, dass Candi Nicole sehr zugetan war, aber dass sie in ihrer Beziehung mit Leila sehr glücklich war. Sie wollte diese Beziehung nicht aufgeben. Als Nebenbeziehung könnte sie sich sehr gut vorstellen, mit Nicole zu sein, aber nicht mehr. Nicole aber wollte mehr.
Was dahinter steckt – die nächste Schicht
Es wurde klar, dass Nicole die Aussprache vorher gescheut hatte, weil sie sich so weiter in ihre Fantasie flüchten konnte, dass Candi vielleicht ja eine Beziehung mit ihr wollen würde. Nun, durch die Aussprache war definitiv klar, dass es keine feste Beziehung zwischen den beiden geben könnte. Und eine Nebenbeziehung wollte sie nicht sein. Sie wollte die Hauptperson in der Beziehung sein.
Die Wurzeln in der Kindheit mit der Familienaufstellung finden
Nachdem dies geklärt war, fragte ich als Aufstellerin, ob sie diese Situation, in der sie nicht die Hauptperson ist, sie aber gerne sein möchte, aus ihrer Vergangenheit, Kindheit kennt. Sie bejahte: in ihrer Kindheit, in der sie nach der frühen trennung ihrer Eltern bei ihrer Mutter aufwuchs, wollte sie immer die Hauptperson für ihre Mutter sein. Aber die war nur an deren Lebensgefährten interessiert. Darunter habe sie sehr gelitten.
Familienaufstellung: Vater, Mutter, Kind. Und Lebensgefährte.
Nun stellten wir diese ursprüngliche Situation auf: Nicole, ihre Mutter und deren Lebensgefährten. Es wurde klar, dass die Mutter nur konzentriert auf sich und ihre Beziehung mit em Lebensgefährten war. Sie war nicht fähig, ihrer Tochter die Aufmerksamkeit und Liebe zu geben, die Nicole brauchte. Und Nicole konnte nichts daran ändern. Sie stand da und litt still, abwartend, dass sich doch noch etwas ändern würde. Hoffend, dass die Mutter sich doch noch für sie interessieren würde, sich um sie kümmern würde.
Die Gefühle hinter der äusseren Fassade
Diese Situation war inhaltlich genau wie die in der Beziehungssituation als Erwachsene: sie stand da, fühlte sich unglücklich, ohnmächtig und fremdbestimmt. Sie konnte nichts ändern und tat auch nichts, aus Angst, dass dann klar wurde, dass die andere Person wirklich so uninteressiert war, wie es den Anschein hatte. Damit wäre jede Möglichkeit, dass es doch anders sein könnte, verschwunden.
Die Familienaufstellung kann die Realität zum Vorschein bringen
Nun fragte ich als Aufstellerin, was sie sich wünschen würde, was nun passieren könnte. Und es wurde klar, dass sie hier auch erkunden wollte, was wirklich die Situation war. Und sie fragte ihre Mutter, erforschte die Realtität. Und auch hier, wie in der späteren erwachsenen Situation, war die andere Person nicht wirklich interessiert. Es stellte sich heraus, dass die Mutter nur an sich selbst interessiert war und unfähig, sich ihrem Kind gegenüber empathisch und mit Mutterliebe zu nähern.
Der Vater steht zur Seite
In diese Situation stellte sich die Beziehung zum Vater als liebevoll und hilfreich heraus. Er stellte sich ihr stützend an die Seite. Sie fühlte ihre Enttäuschung, ihre Traurigkeit, ihre Wut, ihre unerfüllten Bedürfnisse und konnte sie beweinen und betrauern. So konnte Nicole traumatische Erfahrung der Interesselosigkeit, der mangelnden Empathie durch die Mutter verarbeiten. Sie konnte alles sagen und fühlen, was in diesem Augenblick in ihr zu der Situation ihrer Kindheit und den Eltern präsent war.
Familienaufstellung: wechselseitige Wirkungen von Gegenwart und Vergangenheit
Danach fühlte sie sich wesentlich selbstbestimmter und konnte viel besser damit umgehen, dass ihre Mutter ihr nicht die Aufmerksamkeit gegeben hat, die sie gebraucht hätte. Dies wirkte sich auch auf ihre heutige Situation aus. Es wirkt in beiden Richtungen: die Familienaufstellung der Situation heute half ihr ein Stückweit, sich dem Problem anzunähern, aus ihrer Ohnmacht, Passivität und Fremdbestimmtheit herauszufinden. So konnte sie den ersten Schritt im Prozess gehen, der zum zweiten führte, dem Schritt in der Kindheit in Bezug auf ihre Mutter. Und die Lösung der ursprünglichen Prägung, der für sie unglücklichen Beziehung mit ihrer Mutter, hilft ihr heute in ihren Beziehungen.
Familienaufstellung kann anstrengend sein
Nach der Familienaufstellung, nach den beiden aufgestellten Situationen, fühlte sich Nicole müde aber doch um einiges erleichtert. Die Situation heute und damals war geklärt. Es hatte sich zwar nicht ihre Wunschvariante gezeigt, sondern im Gegenteil hatte sich die Variante gezeigt, die sie befürchtet hatte. Und deshalb nicht sehen wollte. Aber nun, da sie den Schritt doch gewagt hatte, sich die Realität anzusehen und sich ihr zu stellen, war sie doch f roh. Denn dass die Gegenwart und die Vergangenheit nicht ihren Wünschen entsprach, konnte sie nun sehen und akzeptieren. Und dadurch erst konnte sie es auch loslassen.
Die Lösung in der Vergangenheit befreit für die Zukunft
Sie konnte entscheiden, dass sie nicht an etwas festhalten wollte, was sie nicht glücklich machte, nicht glücklich machen konnte. Und so war die Klärung der Vergangenheit die Chance zu einer Zukunft. Dadurch, dass sie die Vergangenheit und die Gegenwart klären konnte, wurde sie frei, sie loszulassen und ihr Glück woanders zu suchen. In der Zeit davor, hatte sie sich durch ihre Passivität und Fremdbestimmtheit selbst in einer Situation gehalten, die sie nicht glücklich machen konnte.
Nun hatte sie sich aus diesem Gefängnis befreit, in das sie die Prägung der Kindheit gebracht hatte. Und sie war auf dem Weg, auf ihrem Weg, der offen vor ihr lag und den sie selbstbestimmt gehen konnte. Auch wenn sie im Moment nicht genau wusste, wohin er sie führen würde. Aber das war in Ordnung, das war einfach das Leben.
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Hallo Andrea, Deine detaillierten Überlegungen zum Thema Familienaufstellungen sind für mich gut – und erfrischend – zu lesen. Danke für die Inspiration zum Wochenende! Viele Grüße, Heiner Diepenhorst