7,5 mal um die Welt – per Rad

Ja: siebeneinhalbmal um die Welt. Ja: mit dem Rad. Und ja: ich, Andrea Hofmann. So spektakulär das klingt, so einfach war es im Alltag. Ich fahre fast mein ganzes Leben und fast alles mit dem Rad. Und mit Freude. Das ergibt dann 300.000 km. Das ist genau siebeneinhalb mal um die Welt. An ihrer dicksten Stelle, am Äquator.

Siebeneinhalbmal um die Welt. Einfach so.

Im Moment fahre ich nicht so viel, finde ich. Trotzdem fahre ich mehr als manch andere, ich fahre 100 – 150 km pro Woche. Das ergibt dann 420 – 500 km pro Monat. Und dann gab es Jahre, wo ich wesentlich mehr gefahren bin, circa 300 km pro Woche. Das waren die Jahre, in denen ich zum Beispiel 25 km Strecke zur Arbeit hatte. Und die bin ich hin und zurück gefahren. 6 Tage pro Woche. Das waren dann 300 km pro Woche und 3600 km im Monat.

Fahrradkurierin – einer meiner Traumjobs

Einige Jahre während meines Studiums, war ich Fahrradkurierin. In Karlsruhe bei Per Rad, damals eine flachsthierarchische, sehr gut organisierte und funktionierende Firma mit fairster Behandlung und Bezahlung. Mit dem besten Chef meiner beruflichen Laufbahn: Daniel Becht. Leider wurde Per Rad inzwischen von einem größeren Konzern aufgekauft. Als Kurierin kam ich auf circa 300 km pro Woche.

Radfahren (fast) überall

In London hatte ich während meines Studiums einen Fahrtweg von 10 km von meiner Wohnung bis zur Uni. Und dann noch weiter radeln zu den Cafes, Pubs, Kinos, Galerien, Museen und Clubs … Und wieder zurück.

Bei einem Besuch in New York 1997 bin ich die ersten drei Wochen durch die Stadt geradelt. Mit der Folge, dass ich vier Unfälle in diesen drei Wochen hatte. Da hatte ich erstmal die Schnauze voll und war dann nur noch zu Fuß und mit der U-Bahn unterwegs.

Mal mehr, mal weniger geradelt …

In manchen Jahren bin ich weniger gefahren, in  manchen mehr. So hat sich das über die Jahre gesammelt, meine Fahrradkindheit und -jugend nicht gerechnet. Dreihunderttausend Kilometer. Und dabei pflasterten Hunderte platter Reifen, hundertmal kettenölverschmierte Hände (eigene und fremde) und Millionen schöner Erfahrungen meinen Weg …

22.500 Liter Benzin gespart

In Benzin ausgedrückt wären das, wenn ich berechne, dass früher der Benzinverbrauch höher war als heute, also im Mittel der 30 Jahre 7,5 Liter/100 km. Dann wären das für die 300.000 km entsprechend 22.500 Liter Benzin, die ich eingespart habe durchs Radeln.

Die weiteren Vorteile, die ich hatte, kann ich nicht in Zahlen ausdrücken: die Freude an der Bewegung, die direkte Begegnung mit Stadt, Land und Menschen. Die frische Luft, die Fitness und Kondition und die Gesundheit, die mir das gebracht hat.

Die Schattenseite des Fahrradfahrens: Unfälle durch Autos

Leider gehören zur Bilanz auch mehrere Unfälle, an denen ich vollkommen unschuldig war. Dies entspricht insgesamt der Bilanz von Autofahrenden und Radfahrenden: die auf dem Rad werden meist verletzt oder getötet, die im Auto sind meist schuld daran.

Dazu gehören in meinem Fall zweimal geöffnete Autotüren, obwohl ich auf dem Fahrradstreifen fuhr und sonst auch alles richtig gemacht hatte wie Fahrradbeleuchtung Geschwindigkeit, Abstand etc.. Die Autotüren, jeweils ein paar Zehntel Sekunden vor dem Aufprall geöffnet, konnte ich nicht vorhersehen und es blieb auch keine Zeit mehr, abzubremsen. Ich wurde einfach nur über den Lenker auf die Strasse geschleudert und hatte jeweils das große Glück, dass die fahrenden Autos rechtzeitig bremsen konnten. In einem Fall kam das Fahrzeug 5 cm vor meinem Kopf zum Stehen.

Vorfahrt genommen worden. Mal wieder.

In zwei anderen Fällen, der letzte ist gerade eine Woche her, haben mir Autos direkt die Vorfahrt genommen. Sie hielten in der Nebenstrasse und standen still, als ich heranfuhr. Als ich gerade vor dem Auto auf dem Radstreifen vorbeifuhr, gaben sie direkt auf mich Gas. Ich hatte keine Chance, das zu verhindern oder abzumildern. In einem Fall hatte ich das „Glück“, dass ich direkt ein paar Meter weiter in eine Baustelle geschleudert wurde. So war ich geschützt, denn ansonsten wäre auf der dicht und schnell befahrenen Strasse sehr wahrscheinlich ein Auto über mich gerollt.

Einfach nicht hingeguckt

Und alle Fällen hatten gemeinsam, dass die Fahrer und Fahrerinnen auf meine Frage, ob sie mich nicht gesehen hätten, das gleiche gesagt haben: „Ich habe gar nichts gesehen. Ich habe überhaupt nicht hingeguckt.“ Ohne sich zu vergewissern, ob da jemand fährt, einfach die Autotür aufgemacht oder einfach losgefahren. Obwohl ich die Vorfahrt hatte.

Radfahren: eigentlich wunderbar

So wunderschön das Radfahren auch ist, so gefährlich und für manche krankheits- und todbringend kann es sein. Aber das muss nicht so bleiben. Wenn die Menschen alle mehr Rücksicht nehmen, einfach hinsehen, ob da jemand kommt – im Auto oder auf dem Fahrrad – dann kann Fahrradfahren das sein, was es eigentlich ist: gesund, ökologisch und einfach wunderschön.

Und wenn alles gut geht und die Autos mich weiter gesund und munter sein lassen, werde ich in den nächsten 31 Jahren nochmal dreihunderttausend Kilometer fahren, nochmal siebeneinhalb mal um die Erde. Wir werden sehen. Ich freue mich und fahre schon mal los …

Und für alle, die auch gerne Rad fahren oder es ab sofort gerne tun möchten, mein Tipp: der ADFC. In Berlin und überall.

ADFC Deutschland

http://www.adfc.de/

ADFC Berlin: Radkarten, Selbsthilfewerkstatt, Fahrradtouren und mehr

http://www.adfc-berlin.de/


Teile deine Gedanken